Sokratischer Eid
Als Lehrer und Erzieherin verpflichte ich mich,
die Eigenart eines Kindes zu achten und gegen jedermann zu verteidigen
für seine körperliche und seelische Unversehrtheit Einzustehen
auf seine Regungen zu achten, ihm zuzuhören, es ernst zu nehmen
zu allem, was ich seiner Person antue, seine Zustimmung zu suchen, wie ich
es bei einem Erwachsenen täte
das Gesetz seiner Entwicklung, soweit es erkennbar ist, zum Guten
auszulegen und dem Kind zu ermöglichen, dieses Gesetz anzunehmen
seine Anlagen herauszufordern und zu fördern; seine Schwächen zu
schützen, ihm bei der Überwindung von Angst und Schuld, Bosheit und Lüge,
Zweifel und Misstrauen, Wehleidigkeit und Selbstsucht beizustehen, wo es
das braucht
seinen Willen nicht zu brechen- auch nicht, wo er unsinnig erscheint, ihm
vielmehr dabei zu helfen
seinen Willen in die Herrschaft seiner Vernunft zu nehmen, es also den
mündigen Verstandesgebrauch und die Kunst der Verständigung wie des
Verstehens zu lehren
es bereit zu machen, Verantwortung in der Gemeinschaft und für diese zu
übernehmen
es die Welt erfahren zu lassen, wie sie ist, ohne es der Welt zu unterwerfen,
wie sie ist
es erfahren zu lassen, was und wie das gemeinte Leben ist;
- ihm eine Vision von der besseren Welt zu geben und die Zuversicht, dass sie
erreichbar ist
es Wahrhaftigkeit zu lehren, nicht die Wahrheit, denn „Die ist bei Gott allein"
Damit verpflichte ich mich auch,
so gut ich kann, selber vorzuleben, wie man mit den Schwierigkeiten, den
Anfechtungen und Chancen unserer Welt und mit den eigenen immer
begrenzten Gaben, mit der eigenen immer gegebenen Schuld zurecht kommt
nach meinen Kräften dafür zu sorgen, das die kommende Generation eine
Welt vorfindet, in der es sich zu leben lohnt und in der die ererbten Lasten
und Schwierigkeiten nicht deren Ideen und Möglichkeiten erdrücken
meine Überzeugungen und Taten öffentlich zu begründen, mich der Kritik-
insbesondere der Betroffenen und Sachkundigen - auszusetzen, meine Urteile
gewissenhaft zu prüfen.
Mich dann jedoch allen Personen und Verhältnissen zu widersetzen - dem
Druck der öffentlichen Meinung, dem Verbandsinteresse, dem Beamtenstatus,
der Dienstvorschrift-, wenn diese meine hier bekundeten Vorsätze behindern.
Ich bekräftige diese Verpflichtung durch die Bereitschaft, mich jederzeit an
den in ihr Enthaltenen Maßstäbe messen zu lassen.